Das Bleistiftporträt des 10 Wochen alten Knaben zeigt eine beidseitige Lippen-Kiefer-Gaumenspalte vor der operativen Versorgung. Auf der kleinen Zeichnung links unten sieht man elf Wochen später im Profil den kurzen Nasensteg und eine erhebliche Schwellung der Oberlippe. Rechts unten ist die Frontalansicht weitere 3 1/2 Monate später ohne Zwischenkiefer mit erheblichen Vernarbungen dem Blatt aufgeklebt. Man muß annehmen, daß der Zwischenkiefer und der mittlere Teil der Oberlippe nekrotisch wurden. Daß bei der Operation, wie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in vielen Kliniken üblich, der Zwischenkiefer reseziert wurde (1) und die Lippenteile nach der Operation dehiszent geworden sind, ist unwahrscheinlich, denn Esmarch schreibt 1899 in „Chirurgische Technik“: „Das einfache Wegschneiden des ganzen Zwischenkiefers ist auf keine Weise zu rechtfertigen, weil danach eine sehr große Entstellung der Mundgegend zurückbleibt“ (2). Auf ausgedehnte seitliche Entlastungsschnitte zur Wangenmobilisation weisen die Narben beidseits der Nasenflügel hin, mit denen versucht wurde, den Defekt zu decken.

Hans-Helfrich Petersen, in: Jörn Henning Wolf und Franz Härle (Hg.): Krankheiten des Gesichts in künstlerischen Illustrationen des 19. Jahrhunderts, Neumünster 1994, S.65, Kat. Nr. 17.

1 Rose, W.: On Harelip and Cleft Palate. Lewis, London 1891
2 Esmarch, F./Kowalzig, E.: Chirurgische Technik, Bd. III, IV, 3. Aufl. Lipsius & Tischler, Kiel 1899, S. 115

Literature:

• Wolf, Prof. Jörn Henning (Hrsg.) / Franz Härle (Hrsg.): Krankheiten des Gesichts in künstlerischen Illustrationen des 19. Jahrhunderts (= Kieler Beiträge zur Geschichte der Medizin und Pharmazie, 21), Neumünster: Wachholtz Verlag, 1994

Inventory Number: G-1990-009

Signature: datiert (linkes Blatt u.r.: 5/2 67.)

Signature: datiert (rechtes Blatt u.r.: 24/5 67.)

Signature: bezeichnet und datiert (Karton u.r.: Knabe Claus Tetens / 10 Wochen. / Lügum. / Gez: 16/11 66.)

Image rights: Medizin- und Pharmaziehistorische Sammlung

Iconographie:

Hasenscharte