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Svhwarzer Rotor

Objektbezeichnung:Objekt
Sachgruppe:D. Skulpturen und Objekte 19.-20. Jhrt
Hersteller:
Uecker, Günther
Datierung:1967
Maße:D: 60 cm, H: 60 cm (mit Sockel)
Material:Holz
Papier (auf Plexiglassockel)
Nägel
E-Motor
Technik:Objektkunst
Stil:ZERO
Auf einer runden Scheibe, in die zahlreiche Nägel in insgesamt 39 geschwungenen Linien in leichtem Winkel ein geschlagen wurden, bewegt sich das Objekt in dreißig Sekunden einmal um 360º.

Günther Uecker schuf dieses Objekt im Jahr der Auflösung der Düsseldorfer Künstlergruppe "ZERO", deren Mitglied er seit 1962 gewesen war. Die grundlegenden Ideen dieser bahnbrechenden Vereinigung, die sich damals intensiv mit den Ideen des Zen-Buddhismus auseinandergesetzt hatte, werden in dieser Arbeit noch deutlich.

Im Mittelpunkt steht das Interesse an der Interaktion von Licht und Bewegung sowie von Zeit und Raum und deren Veränderungen. Dabei geht es im bewußten Gegensatz zur subjektiven Ausdruckskunst der informellen Malerei um die objektive Wahrnehmung dieser Dinge, mit dem Ziel, Reinheit, Schönheit und Stille zu erfahren.

Beim Schwarzen Rotor geschieht dieses, indem die Oberfläche nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten strukturiert und in Bewegung versetzt wird, wobei je nach Lichteinfall Übergänge zwischen Licht und Schatten, zwischen Hell und Dunkel sichtbar werden. Das kinetische Objekt berührt damit den Grenzbereich von Materialität und Immaterialität. Es findet während der Drehung eine Art "Übergangsvollzug" (Uecker) statt.

Das kinetische Objekt wechselt zwischen den Polen von Materialität und Entmaterialisierung. Es ist nicht dokumentiert, warum das ursprünglich vollkommen weiße Objekt durch das Schwarz, also von einem absolut lichthaltigen Gegenstand in sein absolutes Gegenteil verkehrt wurde.

Es läßt sich nur vermuten, daß Uecker dadurch eine Art visueller Auflösung im dunklen Nichts, als einem anderen Extrem, anstrebte. Dabei aber gab er die eigentlichen Ziele keineswegs auf.

So definierte sich die Gruppe 1966 selbst auch folgendermaßen: "ZERO ist Stille. ZERO ist der Anfang. ZERO ist rund. ZERO dreht sich?"4

Die sich hierdurch zunächst ergebende Widersprüchlichkeit zwischen anzustrebender Stille und der Bewegung wird sowohl durch die Kreisform dieses kinetischen Objekts als einer absoluten Einheit als auch durch seine Nagelanordnung aufgehoben. Die Bewegung selbst verstärkt, im Zusammenhang mit dem Licht, die Entmaterialisierungstendenz, da nun das einzelne Nagelelement visuell nicht mehr fixierbar ist.

Schon 1960 begründete Uecker die mit einer solchen Arbeit beabsichtigten Ziele: "Den Ablauf einer Bewegung sichtbar zu machen, als Zustand einer Lebendigkeit, an der der Mensch teilnimmt in schöpferischer Wiederholung, in Monotonie, ist in der Tat eine erregende Aktion, die wie ein geistiges Gebet erlebt werden kann."5

Das alles Licht in sich aufnehmende Schwarz des Objekts hat im Grunde eine vergleichbare Funktion wie das Weiß, das alles Licht reflektiert. Beide (Nicht-)Farben als sich letztlich bedingende polare Gegensätze zielen hier auf das Absolute: Hell und Dunkel, Tag und Nacht, Leben und Tod.

Der Nagel selbst als kleinstes, objektives Element einer strukturellen, homogenen und gleichmäßigen Ordnung ist dabei individueller Teil der Gesamtkomposition, die als harmonische Einheit und mit der kreisenden Bewegung zugleich etwas Zyklisches und damit ein Ganzes, bzw. Weltganzes meint. Die gleichmäßige, kreisförmige Struktur und ihre regelmäßige Drehung verursachen - vorausgesetzt, der Betrachter nimmt sich die Zeit - einen der Meditation ähnlichen Zustand innerer Ruhe und Entspanntheit. Das kommt den Absichten des Zen sehr nahe. Die Grenzen des Objekts lösen sich auf.
Th. R.

4 zit. n.: Gudrun Inboden/Stephan von Wiese, Zwischen Malewitsch und ZERO: Die Stellung des Werks von Günther Uecker in der Kunstgeschichte, in: Ausst. Kat. Günther Uecker, Bilder und Objekte/ Das zeichnerische Frühwerk/Prägedrucke, Prägestöcke und Frottagen/Figurinen und Bühnenbildentwürfe zum "Parsifal", Staatsgalerie Stuttgart, Stuttgart 1976, S. 14
5 Günther Uecker, zit. n.: siehe Anmerkung 4

Literatur:
  • Honisch, Dieter: Uecker, Stuttgart, 1983
  • Rodiek, Thorsten / Brigitte Heise / Gerhard Gerkens / Hildegard Vogeler / Ulrich Pietsch / Susanne Peters-Schildgen: Geschenkt - Gestiftet - Gekauft, Hamburg: ConferencePoint Verlag, 2003

Inventarnummer: 1977-196

Signatur: bezeichnet und datiert (unterseitig: Uecker 1976)


Ikonographie:     
Abstrakte, ungegenständliche Kunst