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Sommer(lich)

Objektbezeichnung:Gemälde
Sachgruppe:A. Gemälde
Hersteller:
Nay, Ernst Wilhelm
Datierung:1960
Maße:H: 82,3 cm, B: 70,2 cm
Material:Leinwand
Technik:Öl
Großflächige und sich teilweise überschneidende Farbscheiben in Rot, Gelb, Grauweiß und Braun heben sich, rhythmisch gegliedert, vor einem in gelben und bräunlichen Tönen gehaltenen Hintergrund ab. Dort, wo der gelbe Farbkreis den grau-weißen überdeckt, setzt ein oranges Segment die Kreisform fort. Starke rote, schwarze, grüne und braune Farbakzente bilden die Umgebung der dominierenden Scheiben. Der Farbauftrag ist pastos und die Konturierungen der Scheiben sind großzügig.

Seit etwa 1945 hatte der Künstler den Weg zur vollständigen Gegenstandslosigkeit in seiner Malerei eingeschlagen und hierbei u.a. auch Anregungen Wassily Kandinskys und Juan Gris? verarbeitet. Daneben ließ sich Nay aber auch von der modernen Musik eines Pierre Boulez oder Luigi Nono, mit denen er rege Kontakt unterhielt, anregen. BVon 1932-1949 war er mit der berühmten Pianisten Helene (genannt Elly, geb. Kirchner) Nay verheiratet. Von daher spielen bei einem solchen Bild auch synästhetische Vorstellungen eine bedeutende Rolle, bei denen die Farben Klänge und umgekehrt Klänge auch Farben zu erzeugen vermögen. Zugleich werden aber auch Analogien zum Naturgeschehen erkennbar, wie dies der Bildtitel Sommer(lich) selbst suggeriert. Wie dem Maler Willi Baumeister ging es auch Nay darum, durch die Malerei den der Welt zugrundeliegenden, aber nicht unmittelbar sichtbar werdenden Bauplan der Welt erkenn- und erfahrbar zu machen: "Aber man weiß, daß jeder Punkt im Universum Mittelpunkt ist und der Raum nicht vorstellbar ist aber denkbar, denkbar als unendlich sich ausdehnend - von jedem Punkte aus. Gehen in diesem Raum, Gehen auf der Fläche, die der Grund dieses Raumes ist, dieses Gehen mitzuteilen, dieses unvorstellbare Gehen sichtbar zu machen, erlebbar, so könnte man den Künstler definieren. Ortlos - pollos."6 Die Raumlosigkeit, d. h. die vollständige Orientierung an der Fläche, die Gleichwertigkeit der Bildelemente ohne einen zentrierenden Mittelpunkt, also ihre bildimmanente Polyfokalität, und die Hierarchielosigkeit der Komposition unterstreichen das Gesagte. Die Offenheit der Scheibenkonturen fügt ein dynamisches, spannungsreiches Element hinzu: "Die Scheibe wird zum Existential - in diesem Farbträger sieht Nay die Möglichkeit, elementaren Kräften des Menschen Ausdruck zu geben, aber auch Angst zu bannen. Insofern sind sie als anthropologisches Denkbild zu lesen?"7 Es sind im Grunde sich drehende Scheiben, die sowohl farblich, als auch in ihrer Flächendisposition mit den anderen Scheiben in einem aktiven und freiheitlichen Beziehungsverhältnis zugleich stehen.
Th. R.

6 zit. n.: Ralph Köhnen, Pythagoräer - ?Radardenker?, in: Künstler, Kritisches Lexikon der Gegenwartskunst, Ausgabe 48, München 1999, S. 7
7 Köhnen, s. o., S. 7

Literatur:
  • Rodiek, Thorsten / Brigitte Heise / Gerhard Gerkens / Hildegard Vogeler / Ulrich Pietsch / Susanne Peters-Schildgen: Geschenkt - Gestiftet - Gekauft, Hamburg: ConferencePoint Verlag, 2003

Inventarnummer: 1980-94

Signatur: signiert und datiert (u.r.: Nay 60)

Signatur: signiert und datiert (rückseitig l.o.: NAY 1960)

Abbildungsrechte: Kunsthalle St. Annen


Ikonographie:     
Abstrakte, ungegenständliche Kunst
     
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