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Männerbad (Fragment)

Objektbezeichnung:Druckgrafik
Sachgruppe:Druckgrafik
Künstler:
Dürer, Albrecht
Datierung:um 1496
Maße:H: 27,8 cm, B: 35,1 cm (Blatt)
Material:Papier
Technik:Holzschnitt
Stil:Renaissance
Hinter einer Brunneneinfassung ruhen sich sechs Männer in knapper Badebekleidung nach einem Schwitzbad unter einer Laube in einem niedrigen Gewässer aus. Auf der Erde vor der Steinbrüstung steht über Dürers Monogramm ein Becher zwischen Pflanzen und Steinen, auf Rekreation oder Alkoholgenuss anspielend. Hinter den Figuren und dem Zaun neben der Stütze der Laube betrachtet ein siebter Mann die Szenerie. Links erstrecken sich eine Reihe Häuser, Hütten und eine Stadtmauer einen Fluss entlang bis zu einer Steinbrücke im Hintergrund. Auf der rechten Seite des zentral stehenden Fruchtbaums geht der Weg an einem Haus vorbei, vor dem eine Frau Wasser holt, und weiter einen Berg hoch zu einer Burg. Der Brunnen gehört zu einem Haus mit steilen Satteldach, das zusammen mit der vom rechten Bildrand überschnittenen Hütte als das Badehaus angesehen werden kann.
Zwei einander zugewandte Halbfiguren an der Steinbrüstung ähneln den Paumgartner-Brüdern Stephan und Lukas auf den Flügeln von Dürers Paumgartner-Altar (1502-04; München, Alte Pinakothek). Der Linke hält einen Schaber zur Reinigung, der Rechte eine Blume. An einer Brunnensäule links stützt einer, den Musikanten lauschend, in der Art und Weise des Melancholikers den Kopf mit der Hand und blickt zu einem dicken Mann hinüber, der rechts auf dem Brunnenrand sitzt und einen Krug an die Lippen hebt. Auch das von einem kleinen Hahn bekrönte Rohr des Brunnenhahnes, unmittelbar neben dem Höschen, das die Scham des auf den Brunnenpfosten gestützten Melancholikers bedeckt und betont, weist in Richtung des Dicken. Dieser trägt die Züge von Dürers Freund Willibald Pirckheimer, während Dürer sowohl in dem Melancholiker wie auch in den beiden Musikanten und wohl auch in dem von hinten über den Zaun Blickenden sich selbst dargestellt hat. Das homoerotisch gefärbte Verhältnis zwischen Dürer und Pirckheimer ist durch diverse Wendungen in Dürers Briefen an Pirckheimer und durch die wohl von Pirckheimers Hand in griechischer Schrift und Sprache auf Dürers Zeichnung Porträt Willibald Pirckheimer eingetragenen Worte bezeugt, die in deutscher Übersetzung lauten: ?Mit dem erigierten Penis in den Anus des Mannes?. Die Musiker, ein bärtiger Flötist und ein jüngerer, der die Fidel streicht, sind den lasziven Freunden Hiobs in Jabach-Altar vergleichbar, die Dürer ebenfalls mit einer Selbstdarstellung und mit sexualsymbolische Konnotationen enthaltenden Musikinstrumenten kombiniert hat.
Badestuben waren in Nürnberg zur Zeit Dürers Vergnügungsstätten und Erholungsorte, sie boten Essen und Trinken, in einigen Fällen eine Singschule an. Die rapide Verbreitung der Syphilis setzte dieser Form der Hygiene im Laufe des 16. Jahrhunderts ein Ende. Dürer notiert im sogenannten Tagebuch seiner Niederländischen Reise sorgfältig die Summen, die er in solchen Badeetablissements ?mit den gesellen vertruncken und verbadet? hat. Sein Männerbad ist nicht nur als Nürnberger Sittenbild, sondern auch als Anspielung auf den Zusammenhang seiner Melancholie mit seiner sexuellen Prägung zu lesen.
(nach Kelley Bruner / Ulrich Kuder, in: Ausst.-Kat. Des Menschen Gemüt ist wandelbar. Druckgrafik der Dürer-Zeit, Kunsthalle zu Kiel 2004, S. 243)

Literatur:
  • Kuder, Ulrich / Bärbel Manitz / Walter Sparn: Des Menschen Gemüt ist wandelbar. Druckgrafik der Dürer-Zeit, Kiel, 2004

Inventarnummer: A.B. 1159

Signatur: bezeichnet (u. Mitte: AD)


Ikonographie:     
Alltagsleben