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Der Troglodyt |
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Die Bildwelten des neu-sachlichen Malers Gottfried Brockmann (geboren 1903 in Köln, gestorben 1983 in Kiel) oszillieren zwischen Wirklichem und Phantastischem. In den Jahren 1923-25 hielt Brockmann engen Kontakt zum Kreis der "rheinischen Gruppe progressiver Künstler", besonders zu Franz W. Seiwert, Heinrich Hoerle und August Sander, durch die seine freie künstlerische Arbeit eine politische, sozialutopische Formulierung erfuhr. 1926 nahm er sein Studium an der Düsseldorfer Kunstakademie auf, die er 1933 gen Berlin verließ, als er sich der nationalsozialistischen Verfolgung ausgesetzt sah. In Berlin war er bis in die beginnenden 1940er Jahre nach eigener Aussage vor allem kunsthandwerklich tätig und entzog sich so dem Zugriff der nationalsozialistischen Kunstdoktrin. 1942-45 leistete er Heeresdienst und geriet anschließend in amerikanische Kriegsgefangenschaft. 1952 zog Brockmann nach Kiel und arbeitete durch Vermittlung des Oberbürgermeisters Andreas Gayk, mit dem er bereits in Berlin Bekanntschaft gemacht hatte, zunächst als Kulturreferent der Landeshauptstadt, später, ab 1955, als Lehrender an der damaligen Muthesius-Werkschule. Seine Bildschöpfungen enthalten Anleihen an den Surrealismus, besonders an Max Ernst, und an die italienische "pittura metafisica". Brockmann verrätselt und verzaubert die Dingwelt, entrückt sie aber nicht gänzlich der Realität; vielmehr entwirft er eine sehr persönliche Symbolik, die seine Bildsprache objektivierbar und allgemein verbindlich macht (siehe Thiele 1995, S. 18). Vor allem hebt Brockmann seinen künstlerischen Kosmos aus der eigenen Zeit und setzt ihn in eine Überzeitlichkeit, wodurch die Aktualität seiner Werke nie nachgelassen hat. 1980, in der Spätphase seines künstlerischen Schaffens, entstand Brockmanns "Troglodyt". Die hagere Gestalt kauert nackt in ihrer Höhle, die Gesichtszüge sind kaum auszumachen. Gekrümmt auf einem Felsvorsprung hockend blickt sie auf die gegenüberliegende Wand, auf ein Bild - oder sich selbst betrachtend in einen Spiegel? Hinter dem Höhlenbewohner steht eine kleine Lampe; in den Steinboden vor ihm ist eine Zeichnung eingeritzt. Mit dem Bildtitel nimmt Brockmann Bezug auf das platonische Höhlengleichnis, einen der Grundtexte der platonischen Philosophie. Das antike Gleichnis verdeutlicht den Sinn und die Notwendigkeit des philosophischen Bildungswegs, der als Befreiungsprozess dargestellt ist. Ziel ist der Aufstieg aus der sinnlich wahrnehmbaren Welt der vergänglichen Dinge, die mit einer Höhle verglichen wird, in die rein geistige Welt des unwandelbaren Seins. (Es bleibt offen, ob Brockmann bei seiner Höhlendarstellung auch die Landsmannschaft Troglodyita Kiel im Sinn hatte, eine seit 1864 bestehende, pflichtschlagende Studentenverbindung an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, gegründet in einer grottenähnlichen Kneipe.) (Jessica Wieczorek) Literatur:
Inventarnummer: 8790 Signatur: monogrammiert (u.M.: B) Abbildungsrechte: Stadtgalerie Kiel
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