Die Weitläufigkeit Finnlands, dessen Wälder annähernd 90 Prozent des Landes bedecken, lassen den Menschen, der dieses Gebiet seit jeher nur dünn besiedelt, nicht nur räumlich näher, sondern auch emotional verbundener an die Natur heran rücken. Kain Tappers bildhauerische Arbeiten vermitteln eine solche, an die sinnliche Erfahrung seiner finnischen Heimat geknüpfte, tiefe Naturverbundenheit.
So ist es in erster Linie der Naturstoff Holz, den er zu meist abstrakten, minimalistisch-konstruktiven Skulpturen ausformte, die sich zwar - wie bei der Arbeit »Königin II« - an geometrischen Grundformen orientieren, jedoch mathematische Exaktheit bewusst unterlaufen. Vielmehr scheinen in den behauenen und verleimten Hölzern oftmals die gewachsenen Strukturen des Naturmaterials betont oder aber eine entsprechende Unregelmäßigkeit der Form und Unebenheit der Oberfläche, welche die groben Spuren der Bearbeitung aufweist, nachempfunden.
Es entstehen Skulpturen, die die Ästhetik des Materials thematisieren und durch einen scheinbar nur minimalen Eingriff den Eindruck einer natürlichen Urform erwecken. Die an der Oberfläche wie ungebändigt aufgetragenen natürlichen Pigmente wie Kreide und Asche, die wie Spuren des Gebrauchs und der Alterung erscheinen, unterstützen eine zum Ausdruck kommende künstlerische Ungezwungenheit und Kraft, welche die intuitiv und ohne Skizze entstandenen Arbeiten Kain Tappers in die Nähe zu archaischen Kunstformen und kultischen Objekten rücken lässt. Wie diese scheinen seine Skulpturen zwischen Natur und Mensch, zwischen Präsenz und Vergänglichkeit zu vermitteln und berühren so metaphysische Ebenen und existenzielle Aspekte des Lebens. Durch seinen gleichermaßen rohen wie zurückhaltenden Eingriff wird das einfache Material Holz zum Kunstwerk, das eine energetische, fast magische Wirkung entfaltet, die auf primär sinnlicher Ebene erfahrbar wird.

(Nadine Grünewald)

Literatur:

• Zeigerer, Wolfgang (Hrsg.) / Kruska, Peter (Hrsg.): Stadtgalerie Kiel - Einblicke in die Sammlung, Kiel 2013

Inventarnummer: 6113

Signatur: keine Signatur

Abbildungsrechte: Stadtgalerie Kiel